Unsere Sprache formt, wie wir von anderen wahrgenommen werden – auch im Recruiting. Wer seine Stellenanzeigen heute noch immer wie vor zehn Jahren formuliert, läuft Gefahr, qualifizierte Bewerber:innen gar nicht erst zu erreichen. Denn die Wortwahl in Stellenanzeigen hat sich stark gewandelt: von hierarchischen, männlich konnotierten Begriffen hin zu offeneren, inklusiveren und motivierenderen Formulierungen.
Von «durchsetzungsstarken Leadern» zu «teamorientierten Gestalten und Gestalterinnen»
Ein Blick auf ältere Stellenanzeigen verdeutlicht, wie stark Macht und Kontrolle früher betont wurden. Gesucht wurden «ehrgeizige Macher», «durchsetzungsstarke Führungspersönlichkeiten» oder «engagierte Teamplayer, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen». Diese Wortwahl spiegelte eine Arbeitswelt wider, die stark auf Hierarchie und Leistung ausgerichtet war.
Kurz gesagt: Moderne Stellenanzeigen sprechen heute häufiger Menschen an, die Teil eines Ganzen sein wollen.
Warum einzelne Wörter so viel bewirken
Laut Gaucher, Friesen & Kay können beispielsweise sogenannte Gender-kodierte Wörter wie «ambitioniert» und «dominant» Frauen von einer Bewerbung abhalten. Damit belegen sie in ihrer bekannten Harvard-Studie, welchen grossen Einfluss bereits subtile Unterschiede in der Wortwahl auf das Bewerbungsverhalten haben.
Inzwischen reagieren viele Unternehmen darauf, indem sie bewusst auf inklusive Sprache setzen. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie:
- neutral und einladend formuliert ist.
- keine Geschlechter- oder Altersstereotype reproduziert.
- Werte wie Teamgeist, Vielfalt und Entwicklung betonen.
Zwischen Trendbegriffen und Authentizität
Mit der Verbreitung von Social Media und Employer Branding haben sich viele neue Schlagwörter etabliert: «Rockstar», «Game Changer», «Digital Native» oder «Multitasking-Talent». Sie sollen Begeisterung wecken, wirken aber schnell austauschbar oder unauthentisch, wenn sie nicht zur Unternehmenskultur passen.
Eine zu übertriebene Sprache kann sogar abschreckend wirken, insbesondere bei erfahrenen Fachkräften, die sich Stabilität und Klarheit wünschen. Sie sollten sich deshalb immer fragen:
- Spiegelt die Wortwahl wirklich unser Unternehmen wider?
- Würden sich unsere Mitarbeitenden in dieser Sprache wiederfinden?
- Ist der Ton informativ oder eher werblich überladen?
Authentizität bleibt auch sprachlich das stärkste Argument.
Technologie verändert, wie Stellenanzeigen entstehen
Künstliche Intelligenz und Textanalyse-Tools beeinflussen zunehmend die Art, wie Unternehmen ihre Stellenanzeigen erstellen und formulieren. Programme wie Gender Decoder oder Textio erkennen geschlechtsspezifische, stereotype oder abschreckende Begriffe und schlagen Alternativen vor. Solche Tools helfen dabei, unbewusste Sprachmuster zu erkennen und die Wirkung von Stellenanzeigen objektiver zu bewerten.
Doch auch hier gilt: Technologie ersetzt nicht das Fingerspitzengefühl. Eine Anzeige wird nur dann überzeugend, wenn sie technisch optimiert und zugleich menschlich verfasst ist. Schliesslich haben auch Recruiting-Algorithmen ihre Chancen und Risiken, die es zu berücksichtigen gilt.
Praktische Tipps für moderne Texte
Wer seine Wortwahl auf die heutige Arbeitswelt abstimmen möchte, kann mit einfachen Anpassungen bereits viel bewirken:
- Zielgruppe kennen: Welche Werte sind Bewerbenden in Ihrer Branche wichtig?
- Klare Sprache: Schreiben Sie in kurzen Sätzen mit aktiven Verben und vermeiden Sie interne Abkürzungen.
- Inklusive Formulierungen: Verwenden Sie geschlechtsneutrale Begriffe und vermeiden Sie stereotype Adjektive.
- Ehrlichkeit vor Übertreibung: Versprechen Sie keine Traumwelt, sondern beschreiben Sie realistisch, was Ihre Stelle bietet.
- Tool-Check: Nutzen Sie Programme, um Gender-Bias und Lesbarkeit zu prüfen.
Diese Massnahmen führen nicht nur zu mehr Bewerbungen, sondern auch zu passenderen Kandidatinnen und Kandidaten.
Recruiting ist eine Sprache für sich
Die Entwicklung der Wortwahl in Stellenanzeigen verdeutlicht, wie stark Sprache die Wahrnehmung im Recruiting prägt. Wer versteht, wie Worte wirken, kann gezielter kommunizieren. Die Sprache wird bewusster, vielfältiger und zielgruppenorientierter eingesetzt. Gleichzeitig wächst das Verständnis dafür, dass jedes Wort eine Botschaft über die Unternehmenskultur und die Werte des Unternehmens transportiert.
Wer künftig erfolgreich rekrutieren will, muss seine Sprache als Teil seiner Arbeitgebermarke pflegen. Wenn Ihnen das gelingt, erreichen Sie nicht nur die Menschen, die wirklich zu Ihrem Unternehmen passen, sondern haben auch bereits den ersten Schritt gemeistert, um Stellenanzeigen für Ihr Employer-Branding zu nutzen.
Möchten Sie es gleich selbst ausprobieren? Mit jobchannel SMART können Sie in nur zwei Schritten Ihre Stellenanzeige aufschalten und testen, wie ansprechend Ihr Inserat wirklich ist.
Die richtigen Worte entscheiden heute mehr denn je darüber, wer sich bewirbt – und wer nicht.

