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Studie: Herausforderungen und Chancen für ältere Stellensuchende

Der rasche Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt stellt Stellensuchende aller Altersstufen vor grössere Herausforderungen. Gleichzeitig werden viele Unternehmen mit einer zunehmenden Knappheit von Fachkräften konfrontiert. Was bedeutet das für die Situation und die Perspektiven von Arbeitssuchenden ab 50 Jahren? Die neue Studie der Arbeitsmarktbeobachtungsstelle AMOSA beleuchtet die Herausforderungen und Chancen von älteren Stellensuchenden. Dabei stellt sie die Frage: Welche Anreize zur Rekrutierung von älteren Mitarbeitenden sind vorhanden und welche Hemmnisse gilt es abzubauen?

Bezug zum Arbeitsmarkt

Ältere Erwerbspersonen haben zwar ein geringeres Risiko, erwerbslos zu werden, und sind verhältnismässig selten stellensuchend. Aber sie haben im Fall einer Arbeitslosigkeit mehr Mühe, wieder in der Arbeitswelt Tritt zu fassen: Mehr als doppelt so lange dauert die Arbeitssuche bei über 60- gegenüber bei 30- bis 34-Jährigen. Allerdings beeinflusst auch die längere Anspruchsperiode auf Arbeitslosengeld die Dauer der Stellensuche bei über 60-Jährigen. Ein Stellenverlust bedeutet für ältere Erwerbspersonen oft ein nachhaltiger Einschnitt in die wirtschaftliche Lage: Sie finden nicht nur weniger leicht eine Arbeit, sondern müssen bei Wiedereinstellungen auch oft Konzessionen zu Lohn und Anstellungsgrad machen. Gerade für Personen über 50 ist da die Arbeitslosenunterstützung eine wichtige finanzielle Absicherung. Ältere Erwerbslose haben ein etwa doppelt so hohes Risiko ausgesteuert zu werden, wie die unter 40-Jährigen . Trotz alledem, betont die Studie, sind Arbeitsmarkt-Biografien sehr individuell – was nahelegt, Massnahmen zur besseren Integration von älteren Stellensuchenden beim Individuum anzusetzen.

Rekrutierungspraxis im Wandel

Der wirtschaftliche Strukturwandel und technologische Entwicklungen bedingen es, dass sich die Anforderungen im Arbeitsmarkt und die Rekrutierungsweisen der Unternehmen stetig verändern. Die Recruiting-Methoden verlagern sich immer mehr in den digitalen Bereich. Das verlangt von Firmen wie von Bewerbenden digitale Agilität – eine gewisse Herausforderung für ältere Stellensuchende. Arbeitgeber nutzen vor allem ihre Websites, Online-Jobportale und Vermittlungsdienste des RAV für ihr Recruiting. Auf diesen Kanälen suchen die meisten Erwerbslosen, vor allem jüngere, ihre Jobs.

Der Inhalt der Stelleninserate verändert sich im Laufe der Zeit. Immer weniger häufig finden sich Altersangaben unter den Anforderungen. Soft Skills werden in Inseraten auch andere genannt: In den 1980er Jahren waren selbständige, vielseitige, junge, tüchtige Arbeitskräfte gefragt; heute wird mehr Wert auf Teamfähigkeit, Kommunikation, Ergebnis- und Kundenorientierung und Motivation gelegt. Die Anforderung an Bildungsniveau und Qualifikationen für Arbeitsstellen steigt, eine Herausforderung für alle Stellensuchenden. Während ältere Bewerberinnen und Bewerber Berufs- und Führungserfahrung vorweisen können, punkten jüngere mit aktuellen Fachkenntnissen. Die Bewerberauswahl bleibt indessen ein Abwägen von Hard-Skills und weichen Faktoren.

Perspektive der Stellensuchenden

Die wahrgenommene Ursache für einen Stellenverlust variiert je nach Altersgruppe der Erwerbslosen. Fast nur jüngere nennen Faktoren wie Familie oder berufliche Neuorientierung. Je älter die Stellensuchenden werden, desto mehr geben sie Ursachen an, die ausserhalb ihrer Person liegen, etwa firmeninterne Prozesse oder schlechte Konjunkturbedingungen. Ältere Arbeitssuchende stufen ihre Einflussmöglichkeiten auf eine erfolgreiche Bewerbung als geringer ein als jüngere. Als besonders grosses Hindernis bei der Stellensuche betrachten ältere Erwerbslose ihr Alter. Jüngere dagegen sehen Hindernisse vor allem in fehlenden Sprachkenntnissen, Qualifikationen und Berufserfahrungen. Grundsätzlich schätzen sich die befragten Stellensuchenden als fit für den Arbeitsmarkt ein, gerade betreffend Soft Skills. Ältere Arbeitssuchende sehen sich, im Vergleich zu jüngeren, als besonders stark in ihrer Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft sowie im Fachwissen. Die selbsteingeschätzte Leistungsbereitschaft dagegen nimmt mit dem Alter ab. Bei den Informatikkenntnissen beurteilen sich jüngere Stellensuchende als nur wenig stärker als ältere. Steigenden Qualifikationsanforderungen begegnen manche Erwerbspersonen mit Weiterbildungen – bei jüngeren eher karrierefördernde, bei älteren eher stellenbezogene. Die Bereitschaft, bei einer Wiedereinstellung schlechtere Arbeitsbedingungen in Kauf zu nehmen, ist bei Stellensuchenden aller Altersgruppen hoch. Bezüglich Lohn und Arbeitsweg steigt die Konzessionsbereitschaft mit zunehmendem Alter deutlich an. Mit den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt wird für Stellensuchende eine erhöhte Mobilitätsbereitschaft zwischen Berufen oder sogar Branchen immer wichtiger. Nicht immer ist diese Flexibilität gegeben. Dabei ist der Suchbereich von älteren Stellensuchenden ähnlich breit wie der von jüngeren; erst in den Jahren vor der Pensionierung wird dieser verringert.

Perspektive der Arbeitgeber

Eine Mehrheit der Unternehmen nennt positive Erfahrungen mit Arbeitnehmenden über 50 Jahren, sieht aber die Möglichkeiten als eingeschränkt, mehr ältere Personen einzustellen. Am positivsten eingestellt gegenüber älteren Mitarbeitenden sind Betriebe, in welchen schon verhältnismässig viele solche beschäftigt sind. Viele Betriebe bieten keine Weiterbildungen spezifisch für Mitarbeitende ab 50 Jahren an: Die Fortbildungsangebote stehen allen Angestellten offen. Dagegen bietet rund die Hälfte aller befragten Unternehmen über 50-jährigen Beschäftigten flexible Arbeitsmodelle an.

Stärken bei der älteren Belegschaft sehen die Arbeitgeber vor allem bei der höheren Berufserfahrung, dem vertieften Fachwissen, der Verantwortungsbereitschaft, der Führungskompetenz sowie bei Arbeitsmotivation, Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit. Dagegen stufen Arbeitgebende bei jüngeren Angestellten die Informatikkenntnisse und teilweise die Lernbereitschaft höher ein. Die Selbsteinschätzung der eigenen Stärken und Schwächen durch die Stellensuchenden stimmt sehr weitgehend mit der Einschätzung der Arbeitgeber überein. Nur bei der beruflichen Flexibilität stufen sich ältere Stellensuchende als stärker ein, als die Arbeitgebenden sie einschätzen würden. Das Alter sieht die Mehrheit der befragten Unternehmen nicht als Hinderungsgrund für eine Einstellung. Eine klare Überzahl der Arbeitgeber misst sogar den Lohnnebenkosten keine spezielle Bedeutung für die Rekrutierung zu. Betriebe beziehen das Alter jedoch ein, etwa wenn es um Diversität im Team geht.

Arbeitgebende betonen bezüglich der Integration älterer Angestellter die geteilte Verantwortung zwischen Unternehmen, Arbeitnehmenden und öffentlicher Hand. Betriebe sollten Massnahmen zu Weiterbildungen und zu Arbeitsbedingungen ergreifen; Angestellte bräuchten eine höhere Flexibilität bei ihren Lohnerwartungen; die öffentliche Hand sollte die altersabhängigen Lohnnebenkosten anpassen und Massnahmen wie Weiterbildungen mitfinanzieren.

Perspektive der Arbeitsmarktbehörden

Was die Beratungsleistungen der Arbeitsvermittlung betrifft, nehmen die Termindichte und die Beratungsdauer mit zunehmendem Alter der Stellensuchenden ab. Die Anzahl schwer vermittelbarer Personen steigt mit dem Alter an; auch bekommen ältere Arbeitssuchende weniger Stellen zugewiesen als jüngere. Was arbeitsmarktliche Massnahmen angeht, kommen diese bei älteren Stellensuchenden im Schnitt später zum Zug als bei jüngeren, die Anzahl besuchter Massnahmen während einer Stellensuche ist bei ihnen aber höher. Jüngere Arbeitslose nehmen verhältnismässig häufig an Bewerbungskursen teil, ältere vermehrt an Informatik-Kursen. Dagegen spielen Sprachkurse bei Erwerbslosen mittleren Alters eine wichtige Rolle. Bei nicht-kollektiven arbeitsmarktlichen Massnahmen dagegen lassen sich keine Muster bezüglich des Alters feststellen: Sie sind in hohem Masse individualisiert. Zur Eingliederung älterer Personen in die Erwerbsarbeit haben sich Einarbeitungszuschüsse an Betriebe besonders bewährt. Eine Förderung einer selbständigen Erwerbstätigkeit dagegen nehmen eher jüngere Stellensuchende in Anspruch. Bei der Praxis der RAV finden sich grosse kantonale Unterschiede. Dies deutet auf einen individualisierten, bedarfsorientierten Einsatz der Möglichkeiten zur Arbeitsvermittlung hin.

Erwerbsintegration älterer Stellensuchender: Handlungsfelder

Bei der Integration älterer Personen in den Arbeitsmarkt gilt es, Herausforderungen anzugehen und Chancen zu nutzen. Dabei liegt die Verantwortung bei den Stellensuchenden, aber auch bei Arbeitgebenden und Arbeitsvermittlungsstellen. In den letzten Jahren wurden auf politischer Ebene wichtige Massnahmen zur Wiedereingliederung älterer Stellenloser ergriffen. Handlungsbedarf besteht aber noch bei IT-Skills für Bewerbende, bei der Sensibilisierung von Betrieben sowie bei Weiterbildungen. Die Studie sieht folgende Handlungsfelder:

  • Fördern von Selbstwirksamkeit und Motivation älterer Stellensuchender, etwa durch spezifische Beratungsangebote
  • Gezielte Weiterbildungsangebote gerade für ältere Menschen zu Aufbau und Erhalt von Kompetenzen – idealerweise als Prävention von Arbeitslosigkeit
  • Stärken von Netzwerken: persönliche Kontakte älterer Erwerbsloser; Kontaktnetz der RAV zu Unternehmen
  • Fördern flexibler Einarbeitungs- und Arbeitsmodelle für ältere Erwerbspersonen
  • Stärken der Kommunikation zwischen allen beteiligten Akteuren (Wissenstransfer, Arbeitgeber-Anlässe usw.).

Den kompletten Schlussbericht zur Studie lesen Sie hier.

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