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Hidden Workers – Hochmotiviert und trotzdem nicht erwerbstätig

Auf dem Schweizer Arbeitsmarkt sind laut aktuellen Zahlen rund 5 Millionen Personen erwerbstätig. Nicht erfasst sind dabei jene Menschen, welche systematisch und über längere Zeiträume durch das Raster der automatisierten Rekrutierungssysteme fallen und so keine Arbeit finden – sogenannte «Hidden Workers». Doch was sind das für Personen oder Gruppen, welche eigentlich voll oder zumindest teilzeitmässig arbeitsfähig wären, aber seit Jahren keine Stelle finden? Und was kann von den Unternehmen aktiv dagegen unternommen werden? Im Beitrag erfahren Sie mehr darüber.

Darum geht es:

In einer global angelegten Studie der Harvard Business School wurde anhand von Umfragen unter mehr als 8.000 versteckten Arbeitnehmern und mehr als 2.250 Führungskräften in den USA, Grossbritannien und Deutschland untersucht, warum die Unternehmen immer wieder grosse Talentpools übersehen und welche Änderungen im Unternehmen und vor allem im Rekrutierungsprozess vorgenommen werden müssten, um sich die potentiellen Mitarbeitenden künftig besser zu sichern.

Darum ist es wichtig:

Unternehmen, welche sich aktiv mit den Hidden Workers beschäftigen, verschaffen sich einen klaren Wettbewerbsvorteil. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist es zentral, sich wichtige potentielle Arbeitskräfte wie die Hidden Workers zu sichern, um die Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsaussichten des Unternehmens sicherzustellen.

Mögliche Hidden Workers:

Sie gehen teilweise fast ein wenig unter in der Arbeitswelt, obwohl sie eigentlich von grosser Bedeutung für die Unternehmen sein können – die Rede ist von den «Hidden Workers». Um sich etwas Konkretes unter den Hidden Workers vorstellen zu können, findet sich nachfolgend eine kurze Übersicht über mögliche Personengruppen dazu. Es lassen sich verschiedene Typen von Hidden Workers charakterisieren:

  • Betreuende von Kindern
  • Betreuende von Erwachsenen oder älteren Menschen
  • Veteranen
  • Immigranten
  • Menschen aus benachteiligten Verhältnissen
  • Menschen mit psychischen Problemen
  • Menschen mit Entwicklungsstörungen
  • Menschen mit einer körperlichen Behinderung
  • Menschen mit einer Vorgeschichte von Drogen-/Alkoholmissbrauch
  • Menschen, die zuvor inhaftiert waren
  • Menschen im Ruhestand/nach dem Erwerbsalter, die arbeiten könnten
  • Junge Menschen, die nicht in Ausbildung, Beschäftigung oder Ausbildung (sog. NEETs)
  • Umziehende Partner und Ehegatten (Umzug in eine neue Stadt/neues Land)
  • Menschen mit gesundheitlichen Problemen wie vorübergehende oder chronische Langzeiterkrankungen
  • Menschen ohne traditionelle Qualifikationen
  • Menschen ohne Abschluss oder weiterführenden Abschluss
  • Menschen ohne Lebenslauf
  • Langzeitarbeitslose

Denkbare Handlungsmöglichkeiten

Unternehmen können verschiedene Schritte unternehmen, um verdeckte Arbeitskräfte einzubeziehen, um so neue und wertvolle Talente zu gewinnen. Zunächst sollte der grundlegende Aufbau und Inhalt von Stellenausschreibungen überdenkt werden. Die meisten Unternehmen fügen neue Fähigkeiten und Erfahrungswerte zu bestehenden Stellenbeschreibungen hinzu, anstatt diese Beschreibungen von Grund auf neu zu bewerten. Infolgedessen haben sie am Ende ein Kandidatenprofil, das mit alten Anforderungen und «nice to have»-Attributen gespickt ist, statt sich auf eine begrenzte Liste von «must-have» Fähigkeiten und Erfahrungen zu konzentrieren, die für die Stelle relevant wären. Dies führt dazu, dass viele Bewerbende allein von der riesigen Fähigkeitenliste überfordert sind oder sich nicht angesprochen fühlen und sich gar nicht erst bewerben, obwohl sie eigentlich mehr als ausreichend für die Stelle geeignet wären. So verlieren Unternehmen wichtige potentielle Arbeitskräfte, welche sich dann beim Fachkräftemangel bemerkbar machen.

Um sich das Potential der Hidden Workers nicht entgehen zu lassen, ist es auch eine Überlegung wert, das im Unternehmen eingesetzte ATS (Applicant tracking system) zu überarbeiten. ATS sind elektronische Bewerber-Tracking-Systeme, welche eine automatisierte Bearbeitung von Rekrutierungs- und Einstellungsbedürfnissen ermöglichen. Das Problem von solchen Softwares ist oftmals, dass sich diese auf eine «negative» Logik stützen, um den Bewerberpool zu filtern. Damit ist gemeint, dass Arbeitnehmer aufgrund von Variablen im System wie dem Fehlen eines Hochschulabschlusses oder einer Lücke im Lebenslauf direkt ausgefiltert werden. Hidden Workers haben tendenziell häufiger Lücken im Lebenslauf oder fehlende Qualifikationen, weswegen diese gar nicht die Möglichkeit erhalten, es in die engere Auswahl zu schaffen –  obwohl sie vielleicht eigentlich gut geeignet wären. Im Zuge dessen wäre die Anwendung einer «affirmativen» Logik ein sinnvollerer Ansatz für die Suche nach Talenten. 

Passend zum Thema Auswahlverfahren kann es auch sinnvoll sein, die eigenen Massstäbe für die Bewertung der Kandidatinnen und Kandidaten anzupassen. Im derzeitigen System wird noch immer vor allem die Minimierung der Kosten und nicht die eigentlichen Humanressourcen belohnt. Talente sollten anhand anderer Kennzahlen bewertet werden, beispielsweise wie viel Zeit sie benötigen, um das Produktivitätsniveau zu erreichen. Auch die Fluktuationsrate oder die Beförderungsquote können interessante Informationen über die Humanressourcen eines Mitarbeitenden liefern.

Zuletzt ist es auch wichtig, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einbindung bei den Arbeitnehmern zu schaffen. Um ein nachhaltiges Engagement für die Einbindung der Hidden Workers zu schaffen, muss die Organisation darauf vorbereitet werden, sie zu integrieren. Zu diesem Zweck sollten Unternehmen sicherstellen, dass die bestehende Belegschaft den zugrunde liegenden Geschäftsfall versteht. Sie sollten auch den Mitarbeitenden helfen – insbesondere den direkten Vorgesetzten und Kollegen – ein besseres Verständnis für die Umstände ehemaliger Schwarzarbeiter zu vermitteln. Häufig fällt in diesem Zusammenhang der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) – übersetzt ist damit die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung gemeint, also der freiwillige Beitrag, welche die Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung leistet. Dieser geht in der Regel über die gesetzlichen Forderungen hinaus. Die Integration von Hidden Workers in den Arbeitsmarkt zählt zu den möglichen Handlungsfeldern des CSR. Laufende Bemühungen im Bereich CSR können dazu beitragen, eine Brücke zu einem strategischen Ansatz für die Einstellung von Arbeitnehmern zu schaffen. Die Geschichten von Arbeitnehmern, die einst Mitglied einer verborgenen Arbeitnehmergruppe waren, können ausserdem dazu führen, weitere versteckte Arbeitnehmende an den Arbeitsplatz heranzuführen oder zumindest die Motivation für eine erfolgreiche Integration der Hidden Workers zu erhöhen.

Quelle: Harvard Business School; Hidden Workers: Untapped Talent

Eine Antwort zu «Hidden Workers – Hochmotiviert und trotzdem nicht erwerbstätig»

  1. […] Studie über Menge und Arbeitsmarktpotenzial der verdeckten Arbeitskräfte, der sogenannten Hidden Workers, veröffentlicht hat. Das sind Personen, die arbeitsfähig wären, aber systematisch durch die […]

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